Afro Jazz – Synkretismen und Brücken zwischen Afrika und Amerika

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Sendung 19 (Erstausstrahlung: Juli 2010)

Afro Jazz – Synkretismen und Brücken zwischen Afrika und Amerika

Diese Sendung gibt einen sowohl historischen als auch aktuellen Einblick in die gegenwärtige Afro-Jazz-Szene im Bereich der post-kolonialistischen Verschmelzung zwischen Afrika, Europa, Latein- und Nord-Amerika. Die ersten Superstars aus Afrika, Felá Ransome-Kuti, Sunny Ade und Manu Dibango gehörten zu den bekanntesten afrikanischen Soul- und Afro-Jazz-Musiker ihrer Generation. Sie propagierten den Afro-Beat, Highlife, Juju oder Makossa, jeweils Verschmelzungen von afrikanischer und afro-amerikanischer Pop-, Tanz-, Disco- und Jazzmusik. Sie ließen ihre alten musikalischen Vorbilder Louis Armstrong, Charlie Parker, Miles Davis und John Coltrane bald fallen und nahmen dafür aggressive Elemente des US-Soul, Reggae, Blues und neuere Formen des Rhythm & Blues in ihren eigenen, individuellen Musikstil auf. Anspruch war es, regionale Volksmusik mit Semi-Jazz-Formen zusammen zu bringen. Diese Vorleistungen ermöglichten ihren Kollegen vom Abkupfern westlicher Pop-, Schlager- und Rock-n-Roll-Musik wegzukommen, um ihren eigenen indigenen, mitunter exotischen Sound und unorthodoxen Stil zu finden. Afro-Beat und Soul-Jazz wurden fortan zum Stimulus für viele Musikbands vom schwarzen Kontinent. Im Grunde war diese Begegnung zwischen der fremden und eigenen Kultur eine Synthese aus westafrikanischem Highlife, afro-kubanischem Mambo, zentralafrikanischer Congo-Rumba und südafrikanischer Kwela und damit die Vermischung der neo-traditionellen Musik der jeweils lokalen Musikkulturen West-, Süd- und Zentralafrikas, speziell dem Gesang der Griots, der Sänger und Erzähler des Sudans und der Sahel, mit modernen Formen des afro-amerikanischen Jazz, Blues und Soul. Gespielt werden in diesen Combos bzw. Orchestern vorwiegend Elektro-Gitarren, traditionelle Harfen (Cora), Lauten und Daumenklaviere (Sanza), aber auch afrikanische Balafone, Perkussions- und Rasselinstrumente, sowie westliche Saxophone und Trompeten und manchmal sogar Querflöten, Tubas und Sousaphone. Über die Blechbläser kommen die starken Assoziationen zum fulminanten Big Band Jazz der Swing-Ära und damit auch zur kubanischen Mambo-Musik mit ihren typischen Riffs und Rhythmen. Die Begeisterung der Afrikaner für die Tanzmusik aus den USA führte dazu, dass neben Ragtimes und Hot Jazz auch der tanzbare Swing, Bebop und sogar Beat nachgespielt wurde. Ein Pionier auf diesem Gebiet war der legendäre Bandleader Mulatu Astatke aus Addis Ababa mit seiner bezaubernden Fusion aus Okzident und Orient. Der berühmte Jazzpianst Adolph “Dollar“ Brand aus Kapstadt, der sich auch Abdullah Ibrahim nennt, ist der bekannteste Musiker Südafrikas. Seine frühe Aufnahme vom Stück Kalahari zeigt seine Vielseitigkeit und Variabilität in der Verarbeitung der unterschiedlichen musikalischen Einflüsse, aber auch die gleichbleibenden Charakteristika von seiner äußerst originellen Spielweise mit hartem Anschlag und perkussiver Klangfarbe des Instruments. Zum einen übernimmt er Motive traditioneller und spiritueller Vokalmusik seiner Heimat, zum anderen aber auch die moderne Tanzmusik der African Townships, wie die Kwela-Musik, den riffartigen Swingtakten und der ausgefeilten Polyharmonik von Duke Ellingtons Orchester u.s.w., und nicht zuletzt orientierte sich Dollar Brand am modernen internationalen Jazz, besonders am Spiel von Thelonious Monk. Auf der gospelhaften Aufnahme Kalahari spielt er zusammen mit ausschließlich südafrikanischen Musikern wie Basil “Mannenberg“ Coetzee, Dennis Mpale, etc. Das Kora Jazz Trio, deren drei Mitglieder aus Guinea bzw. aus Senegal stammen jedoch in Paris leben und arbeiten, ist eine interessante Gruppe, die mit einer Cora, einem Klavier und einem Trommler eine einzigartige Synthese schafft. Ihr virtuoser Harfenspieler und Lead-Sänger Djeli Moussa Diawara bedient sich verschiedener Stile der Interpretationen afrikanischer Barden. Das ist besonders im Volkslied Djelia deutlich zu hören, in dem die Spielweise den Balladins und Griots aus dem Senegal entlehnt ist, aber noch starken Bezug zu den Musikstilen der Sahel hat. Der groovige Klang des aus Quebec City stammenden Soul Jazz Orchestra unter ihrem Chef Pierre Chrétien schafft die bemerkenswerte Verbindung von Soul, Rock, spirituellem Free Jazz, bei der eine Spur von Juju, Highlife und ein bißchen Voodoo anklingt.

Musikbeispiele:

Mulatu Astatke: Kasalefkut-Hulu (Mulatu Astatke) rec. 1970
Dollar Brand: Kalahari (Abdullah Ibrahim) rec. ca. 1962
Kora Jazz Trio: Djelia (Djeli Moussa Diawara), rec. 2008
Soul Jazz Orchestra: Negus Negast (Pierre Chrétien) rec. 2010
Soul Jazz Orchestra: Mamaya (Pierre Chrétien) rec. 2010
Mulatu Astatke: I faram gami i faram (Mulatu Astatke) rec. 2008
Mulatu Astatke: Green Africa (Mulatu Astatke) rec. 2007

Gestaltung & Am Mikrofon: Helmut Weihsmann
Tontechnik & Produktion: Gernot Friedbacher

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