„Koste es was es wolle“ hat in der Coronakrise für Kinder und Jugendliche offenbar nicht gegolten.
„Was tun für Kinder – Jetzt und Nachhaltig!“ war der Titel eines Austausches von ExpertInnen, der von transform.at am 3. Mai online durchgeführt und durch Heidi Ambrosch moderiert wurde.
Claudia Krieglsteiner, Sozialarbeiterin, berichtete über die sozioökonomischen Rahmenbedingungen und die z.T. bereits manifeste Armut unter der heute viel zu viele Kinder und Jugendliche in Österreich aufwachsen. Besonders eindrücklich macht sie klar, dass sich das in der Coronakrise noch verschärft hat. Die daraus resultierenden psychosozialen und auch psychiatrischen Krisen haben zu einer dramatischen Überlastung des Gesundheitssystems geführt, die medial fast vollkommen ausgeblendet wurde. (Min ca. 3:10 bis ca. 11:05).
Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin der Autonomen Frauenhäuser, referierte über die Auswirkungen von familiärer Gewalt auf Kinder und Jugendliche. Dabei wies sie nachdrücklich darauf hin, dass die bereits erschreckend hohe Zahl an Frauenmorden in Österreich im heurigen Jahr nur die Spitze eines Eisberges ist. Es muss davon ausgegangen werden, dass während der Schließung von Kindergärten und Schulen die familiäre Gewalt auch in Österreich zugenommen hat und demgegenüber Schutzräume (wie Schulen und Kindergärten) und externe Ansprechpersonen für Kinder und Jugendliche nicht erreichbar waren. Sie fordert Änderungen bei Wegweisungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen und im Besuchsrecht für gewaltausübende Elternteile. (Min ca. 12:20 bis ca. 23:30)
Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe, berichtet von Forschung zur bedrückenden Armutserfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Österreich, die ausgrenzen und stigmatisieren und sich in der Coronakrise noch weiter verschärft haben. So sprechen etwa Kinder vom Ende das Monats beispielsweise als Toastbrotzeit, wenn das Geld für andere Lebensmittel nicht mehr reicht. Als Lösung stellt er die Kindergrundsicherung vor, welche in einem Modellprojekt von der Volkshilfe bereits umgesetzt wird. (Min ca. 28:02 bis ca. 39:05)
Andrea Czak, FEMA-Feministische Alleinerzieherinnen, geht auf das veralterte Unterhaltsrecht ein, welches nur in vereinzelten Fällen einen bedarfsdeckenden Unterhalt sicherstellt. Viele zu oft und trotz Unterhaltsvorschuss deckt der erhaltene Geldunterhalt nicht einmal den Regelunterhalt ab, welcher weit unter den realen Kosten liegt. Dem Unterhaltsrecht liegen gesellschaftlich überholte Grundannahmen zugrunde und es sieht keine Unterhaltsicherung vor. Das verfestigt und verstärkt Benachteiligung von Müttern in der Gesellschaft. Eine Situation, welche sich durch Homeschooling und weitere unentgeltliche Carearbeit für Mütter noch weiter zugespitzt hat. (Min ca. 14:40 bis ca. 51:30)
Musik:
Liberi Fatali, A Place to call home, A Sign of hope von Benyamin Nuss
und I Wish I knew how it would feel to be free von Nina Simone